Am vergangenen Samstag fand im Badischen Staatstheater in Karlsruhe die szenische Uraufführung der romantischen Oper „Der kleine Prinz“ von Nikolaus Schapfl statt. Dieses Werk von 1997 ist die einzige durch die Erbengemeinschaft des Buchautors Antoine de Saint-Exupéry autorisierte Version für das Musiktheater.
Ein riesige, von der Decke herabhängende Tafel diente zur Ouvertüre als Projektionsfläche der Namen vom Stück, Komponist, Librettist und so fort. So wurde zunächst zu Beginn der Eindruck einer Filmvorführung geweckt. Doch schon während dessen betrat Robert Crowe in der Rolle des kleinen Prinzen die Bühne. In den folgenden zwei Stunden und fünfzehn Minuten wurde in zwei Akten die Geschichte des kleinen Prinzen von der Begegnung mit dem Piloten über die Geschehnisse bei seiner Reise bis zur Aussprache mit dem Fuchs und seiner Rückkehr auf seinen Asteroiden erzählt. Immer mit dabei die Erinnerung an seine Blume, seine Rose. Die Theaterbühne wurde beherrscht von einem gewaltigen, in Plastik verpackten Flugzeugwrack, welches nur für eine kurze Chorszene aus dem Mittelpunkt rückte. Die surrealen Elemente der Buchvorlage waren Inspiration für die ausgefallenen Kostüme, insbesondere der Bekanntschaften, die der kleine Prinz auf seiner Reise vom Asteroiden zur Erde macht.
Hmmm …
Der kleine Prinz? Ich gestehe, ich habe es nie gelesen. Zweifelslos eine Lücke und unbedingt ein Fehler, will man die Oper von Nikolaus Schapfl genießen. Dem Libretto merkt man doch deutlich an, dass der Erbengemeinschaft eine hundertprozentige Werktreue ungeheuer wichtig war. Nicht umsonst waren vor Schapfl rund 70 Bewerber als Komponisten abgelehnt worden. Dies hielt Schapfl offensichtlich davon ab, die Texte passend für ein musikalisches Bühnenstück aufzubereiten; nur Kürzungen konnte er natürlich nicht vermeiden. So präsentierte sich dann auch eine Handlung, die dem Unwissenden an einigen Stellen deutlich zuviel Antizipation abnötigte. Wenn Bernhard Berchthold als Pilot, der in der Aufführung leider nicht als Erzähler der Geschichte zu erkennen war und deshalb schon seine eigene Daseinsberechtigung in Frage stellte, dem Prinzen mitteilte, er wisse, warum der Prinz so niedergeschlagen sei, so leuchtete der Grund nur den ehemaligen Lesern der Buchvorlage sofort ein. Im Galopp wurden die Begegnungen des Prinzen mit dem König (überzeugend: Peter Lobert), dem Eitlen (Klemens Sander), dem Säufer (Luiz Molz), dem Kaufmann (Tero Hannula), dem Laternenanzünder (Andreas Heideker) und dem Geografen (zu leise: Mika Kares) abgehandelt. Trotzdem, oder gerade wegen der stereotypischen Abarbeitung dieser Szenen, stellte sich etwas Langeweile ein.
Beeindruckte der Hauptdarsteller Robert Crowe mit einem enormen Tonumfang als Countertenor in der Sopranlage, agierte er schauspielerisch allerdings nicht ganz überzeugend. Gesanglich und darstellerisch ein wunderbarer Gegenpart war Sabrina Kögel als Blume des Prinzen und später auch als Schlange. Kurz nachdem der Fuchs (John Pickering) seinen wohl bekanntesten Satz zum Besten gab, „Hier ist mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ lies Regisseur Peer Boysen nochmals die Tafel erscheinen und zeigte überflüssige und lange Texte. Saß man nun im Kino? Laß man nun ein Buch? Oder war es doch eine Opernvorstellung?
Das Orchester spielte zweieinhalb Stunden routiniert und unaufregend. Die Musik von Nikolaus Schapfl erinnert doch stark an die gefällige Untermalung eines Kinofilmes.
Zum Ende gab es – vor allem von Kennern des Buches – langen Applaus. Ich halte es da eher mit Douglas Adams, der überzeugt davon war, dass derselbe Stoff für unterschiedliche Medien gründlich angepasst werden muss. Und das ist hier nicht gelungen.
7 Kommentare
Es gibt den kleinen Prinzen ja auch TV-Spiel bzw. Film, wenn du das Buch nachträglich nicht lesen willst. Aber das Fazit heißt, das du die Oper „Danke für den Fisch.“ forderst?
„Danke für den Fisch“ wäre doch was. Leider weilt Douglas Adams nicht mehr unter uns und wenn, dann würde ich schon gerne eine Adaption von ihm wollen …
Willst du dir das künftig nicht von den BNN bezahlen lassen? Die Heilbronner Stimme schreibt wesentlich weniger informativ 🙂
In der Heilbronner Stimme steht vor allem auch keine Kritik, sondern nur eine Beschreibung der Aufführung.
Das halte ich für einen entscheidend demokratisierenden Vorteil des Internet: daß durch solche persönliche und qualifizierte Erlebnisberichte von interessierten Besuchern – wie diesen hier – die immer inhaltsleerer werdenden „Kritiken“ der Presse überflüssig werden. Die sind meist nur ein Exzerpt aus den gängigen Opernführern…
Danke für die Kritik!
P. Lobert
Pingback: Eat Drink Michael Woman
im allgemeinen kann man zeitungen sowieso weglassen!
weil sie sowieso nur das schreiben was das volk lesen will….