Zur Premiere der italienischen Oper Otello war das Badische Staatstheater in Karlsruhe am Samstag trotz des warmen Wetters gut besucht. Das späte Werk von Giuseppe Verdi entstand 1887 zu einer Zeit, in der Verdi eigentlich schon nicht mehr komponieren wollte, weil er in seiner Wahrnehmung zu oft und in ungerechtfertigter Weise mit seinem Zeitgenossen Wagner verglichen wurde. Sein Verleger konnte Verdi damals aber doch noch überreden das Libretto, was nach dem Theaterstück Othello von William Shakespeare entstand, zu vertonen.
Ende des 15.Jahrhunderts kehrt der zyprische Feldherr Otello von einem Krieg gegen die Türken heim und wird von seiner Frau Desdemona und seinem Volk empfangen. Im folgenden schafft es Jago, ein unzufriedener Offizier aus Otellos Heer, durch seine Intrigen die Eifersucht und das Misstrauen von Otello gegenüber Desdemona so anzufachen, dass Otello schliesslich seine Frau erwürgt. Nicht ohne am Ende zu der Erkenntnis zu gelangen, dass alles nur Schein und Betrug war und sich dann selbst das Leben zu nehmen.
Hmmm …
Das Karlsruher Publikum spendete begeistert lang anhaltenden Applaus für Sänger, Orchester und die Inszenierung. Gerade die so oft gehörten Unmutsbekundungen für Bühne, Kostüme und Regie blieben aus. Dabei könnte man der Inszenierung etwas vorwerfen, was dann aber vielleicht gerade wieder ihre Stärke ausmachte. Achim Thorwald hat zusammen mit Christian Floeren und Ute Frühling die Aufführung sehr zurückgenommen in Szene gesetzt. Die Bühne wird beherrscht von einer einzigen riesigen Treppe, die Schloßplatz, Hauptsaal und Schlafgemach in einem darstellt. Diese, aus verschiedenen Perspektiven präsentiert, und nur wenige Requisiten definieren den Ort des Geschehens. Die Kostüme trennen das einfache Volk in Grau-blau von den Soldaten in Schwarz und von Otello und Desdemona in strahlendem Weiß. Einzig Rodrigo darf sich in grellem Gelb von den schwarzen Anzügen der anderen Edelmännern abheben. So stellen Bühnenbild und Kostüme, ebenso wie die sparsamen Aktionen der Darsteller, die Musik Verdis weit in den Vordergrund. Während dieses Vorgehen in den ersten beiden Akten noch leichte Schwächen hat, geht das Konzept nach der Pause auf.
Umso wichtiger war es, dass Dirigent Anthony Bramall und das Orchesters die Funken der Musik Verdis auf das Publikum überspringen lassen, was ihnen auch scheinbar mühelos von Anfang an gelang. Der dramatisch geniale Orkan, der zu Beginn während der Heimkehr Otellos tobt, zog mit Bässen, Posaunen und Piccoloflöten die Zuhörer sofort in seinen den Bann. Einen erheblichen Teil trug dazu auch der Opernchor bei, der für dieses Werk durch den Extrachor des Theaters unterstützt wurde. So gelangen die Chorszenen kraftvoll und überzeugend.
Die Sänger waren großartig aufgelegt. Von Lance Ryan als klangvoller Otello, der im ersten Akt ein wenig zu zurückhaltend dem Chor gegenübertrat, über Walter Donati als grandioser Jago, Cenk Biyik als Cassio und Mauro Nicoletti als Roderigo waren kaum Schwächen auszumachen. Fast die ganze Last der Frauenstimmen musste Barbara Dobranska als Desdemona auf sich nehmen und trug sie mit Bravour. Bereits einer der Lieblinge des Karlsruher Publikums trug sie durch ihren tadellosen und mitreißenden Gesang dazu bei, sich diese Status weiter zu erhalten.
Kein Abend für Freunde aufwändiger und ausgefeilter Inszenierungen, aber Liebhaber von italienischen Opern und Verdis Musik wurden auf das Allerbeste bedient.